Zielgruppe kritische Mediennutzer

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Sie wollen wissen warum so und nicht anders berichtet wurde, prüfen Fakten, haben extrem hohe Ansprüche an journalistische Arbeit, haken ständig nach, fragen, warum es zu bestimmten Themen kaum oder keine Berichte gibt und tun ihren Unmut auch dank sozialer Medien öffentlich kund. Anstatt brav zu konsumieren und vereinzelt Leserbriefe zu schreiben, mischen sich kritische Mediennutzer ein. Sie wollen hinter die Kulissen blicken – oder überspitzt gesagt, nerven sie im hektischen Redaktionsalltag. Dabei ist ein großer Teil der Kritiker eine wertvolle Zielgruppe: Sie wissen, dass es journalistische Qualität nicht zum Nulltarif geben kann.

Das ist kurz zusammengefasst eine wichtige Erkenntnis, die ich in mehreren Gesprächen mit Besuchern der Ialana Medientagung gewonnen habe. Auch ich fürchtete Sätze zu hören wie: Alle Medien sind gleichgeschaltet, es gibt keine Pressefreiheit, alles Lügenpresse. Von allgemeinem Medien-Bashing habe ich nichts mitbekommen, stattdessen konnte ich das große Interesse an „klassischen“ Medien und die damit verbundene journalistische Arbeit spüren.

Mit Transparenz Vertrauen gewinnen

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Dabei können Medien oftmals schon mit einfachen Mitteln Vertrauen gewinnen. Transparenz steht hoch im Kurs, beispielsweise womit ein bestimmtes Medium sein Geld verdient: Wer sind Anzeigenkunden, wer finanziert Sonderbeilagen und wo können dadurch Interessenkonflikte entstehen? Es ist schon eine Krux: Stellen Journalisten kritische Fragen, verlangen sie vom Gegenüber eine Transparenz, die sie selbst in manchen Punkten nicht bereit sind zu gewähren.

Manch einem Nutzer ist noch nicht klar, dass zu einem von ihm verlangten Thema vielleicht eine wochenlange Recherche nötig ist, die daher entsprechend viel Geld kostet. Oder aber im hektischen Redaktionsalltag es mitunter schwierig ist, wirklich alle Seiten und Meinungen abzubilden. Redaktionen müssen ihre personellen und finanziellen Ressourcen im Blick behalten und können aus diesem Grund nicht allen Themen nachgehen, sondern müssen gewichten. Daher könnten sie Grenzen ihrer Möglichkeiten offen aufzeigen.

Gibt es überhaupt DIE Wahrheit und könnte man sie abbilden? „Das ist eine große Diskussion – wobei es darauf ankommt, wie man Wahrheit überhaupt definiert. Es gibt wahrscheinlich irgendwo eine universelle Wahrheit, die wir Menschen aber gar nicht wahrnehmen können. Wir sehen immer nur einen Ausschnitt und können auch nur den wiedergeben“, sagte der Journalist Daniel Bröckerhoff schon im Frühjahr 2015 im Interview.

Qualitativ hochwertigen Journalismus gibt es nicht zum Nulltarif,…

…was den Besuchern der Tagung, mit denen ich gesprochen habe, durchaus bewusst war. Sie sind daher die Premium-Zielgruppe, die bereit ist, einen fairen Preis für Medienerzeugnisse zu zahlen. Einige von ihnen unterstützen darüber hinaus bewusst Blogs und andere journalistische Projekte.

Doch der Dialog ist nicht überall einfach. Auf der Ialana Medientagung verwies Dr. Gabriele Krone-Schmalz auf die teilweise vergiftete Atmosphäre. Mitunter sind über Jahre Fronten verhärtet und Missverständnisse auf beiden Seiten gewachsen. Der Weg zu einem konstruktiven Dialog ist manchmal weit und in einigen Fällen unmöglich. Doch sich von letztgenannten generell abhalten zu lassen, auf seine Mediennutzer einzugehen, ist allenfalls eine lahme Ausrede. Niemand hat behauptet, es sei leicht, aber oftmals lohnt es sich.

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