„Lügenpresse“ ist ein starkes Reizwort und unzufriedene Mediennutzer fordern „die Wahrheit“ in der Berichterstattung ein. Doch ist sie überhaupt lieferbar? Darüber hinaus verlangen Journalisten bei ihren Recherchen Einblicke, die sie selber oftmals nicht gewähren möchten. Auch scheuen sie mitunter den offenen Dialog mit ihren Lesern, Hörern und Zuschauern. Medienjournalist und TV-Reporter Daniel Bröckerhoff erklärt im Interview, dass sich diese Diskrepanzen durchaus überwinden lassen. Um Vertrauen zurückzugewinnen müsse man lediglich die Hosen herunterlassen.

Bild: Deryl William Collins
Jens Brehl: Sie bezeichnen sich als Verfechter eines offenen Journalismus. Was verstehen Sie darunter?
Daniel Bröckerhoff: Alan Rusbridger, Chefredakteur des britischen Guardian, veröffentlichte 2012 seine zehn Thesen zum offenen Journalismus, in denen er das Konzept umreißt. Zusammengefasst könnte man sagen, dass Journalismus den Elfenbeinturm verlässt und in den Dialog mit Lesern und Zuschauern tritt. Man öffnet sich für deren Kritik und Anregungen.
Jens Brehl: Was begeistert Sie besonders am Konzept?
Daniel Bröckerhoff: Am Anfang meiner journalistischen Laufbahn bei einem privaten Fernsehsender hat es mich frustriert, wenn meine Beiträge einmal gesendet wurden und dann verschwunden sind. Niemand konnte sie sich noch einmal anschauen und es erreichten mich auch keinerlei Rückmeldungen vom Publikum. Darüber hinaus gab es noch viele recherchierte Informationen, die zwar keinen Platz im Bericht gefunden haben, die man aber hätte an anderer Stelle mit einbringen können. Das ist aber nie geschehen.
Als ich merkte, dass ich über soziale Netzwerke mit den Zuschauern in Kontakt treten kann, war es für mich, als hätte ich zuvor auf einer Bühne ohne Publikum gestanden. Mit einem Mal gab es dort Leute, die entweder applaudierten oder gebuht haben. Den Austausch fand ich spannend, denn ich arbeite gerne mit Menschen zusammen – sonst wäre ich ja kein Journalist geworden.
Jens Brehl: Wie praktizieren Sie den offenen Journalismus?
Daniel Bröckerhoff: Auf Twitter, Facebook und meinem eigenen Blog bin ich sehr aktiv. Hier bin ich ansprechbar, moderiere Diskussionen oder beteilige mich an ihnen. Das ist auch das Maximale, was ich neben meiner eigentlichen täglichen Arbeit erledigen kann. Aus Zeitgründen habe ich noch keinen eigenen Youtube-Kanal.
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