Und plötzlich ging das Licht aus

| 1 Kommentar

Auch ich hatte bisher Angst zu reden und damit künftige Auftraggeber zu verschrecken. Ich befürchtete, dass ich als nicht belastbar und als unzuverlässig gelten würde. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Als mich ein Bekannter nach meiner Krankheitsgeschichte fragte, konnte ich sie in einem Satz darlegen: Einmal durch die Hölle und zurück. Der Weg hat sich gelohnt und ich empfinde ihn als wertvoll und nicht mehr als Stigma.

Ich konnte die Krankheit ohne Psychopharmaka hinter mir lassen. Meine Erfahrungen möchte ich nicht mehr missen. Ich kenne meine Grenzen nun sehr genau, habe den Blick für das Wesentliche bekommen, kann mit Stress viel effektiver umgehen und dadurch meine Kreativität erhalten. Dazu gehört, dass ich mich selber sehr bewusst wahrnehme; ich weiß was mir schadet und was mir gut tut. Somit entscheide ich mich täglich für eine authentische Arbeitsweise. Ich bin in einem stärkeren Selbstkontakt als jemals zuvor. Darüber hinaus habe ich gelernt frühzeitig zu kommunizieren, Grenzen zu ziehen und auf (körperliche) Warnzeichen zu achten. Mein Beruf nehme ich wieder als Möglichkeit wahr, mich auszudrücken und zu entfalten. Kurz: Ich bin wieder mit Freude dabei und bleibe mir selber treu. Daher ist meine Leistung langfristig gesichert. Anders als Jemand, der kein Gespür für seine Bedürfnisse entwickeln konnte, sich total verausgabt und irgendwann wie eine Supernova verglüht. Erfolg lässt sich nur bedingt durch materiellen Besitz messen, die Lebensqualität ist entscheidend. Freude, Glück, und Sinn stehen in keinem Verkaufsregal.

Wichtig ist, dass es Menschen gibt, die ehemalig Betroffenen Vertrauen schenken und sie wieder einbinden. In einer Ecke gestellt zu werden verstärkt die Mauer des Schweigens. Damit diese Risse bekommt und vielleicht eines Tages komplett einstürzt, habe ich mich dazu entschlossen offen mit meinen Erfahrungen und meiner Erkrankung umzugehen. Bewusst habe ich darauf verzichtet, diesen Artikel unter Pseudonym zu veröffentlichen.

Wie viele noch?

Mein Weg aus dem Burnout

Lesen Sie meine vollständige Geschichte in „Mein Weg aus dem Burnout“, 14,80 Euro, ISBN 978-3-943304-21-3.

Wenn ich heute durch die Straßen meiner Stadt laufe, betrachte ich die Gesichter der anderen Passanten mitunter sehr genau. Viele von ihnen tragen eine Maske mit einem ausdrucklosen Gesicht zur Schau. Sie möchten möglichst wenig von sich preisgeben oder gar durch ein abgeklärtes Auftreten Unsicherheiten verbergen. Ein scheinbar erfolgreicher Mann im Anzug kommt mir entgegen. Aktentasche in der linken Hand, in der rechten klebt das Mobiltelefon, welches er an sein Ohr presst. Sein Mienenspiel ist geschäftig; er hat keinen Blick für sein Umfeld. Seine Maske ist meiner früheren sehr ähnlich. Ob er wohl glücklich ist? Fragt er sich in stillen Momenten nach dem Sinn seines Lebens oder hetzt er von Termin zu Termin ohne zu merken, dass das Leben an ihm vorbeirauscht? Was würde ich tun, wenn ich die Traurigkeit und innere Leere bei ihm spüre? Besäße ich den Mut ihn anzusprechen?

Hinweis
Dieser Beitrag erschien erstmalig im Magazin raum & zeit Ausgabe 169 / 2011.

Ein Kommentar

  1. Pingback: "Teilzeit behindert" - Ein Journalist erzählt von seinem Burnout

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.