Gegenspionage geglückt: Schweizer Journalisten überwachen Geheimdienstchef

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Es ist ein gängiges Argument: Wer ein reines Gewissen hat, der habe auch nichts zu befürchten. Angst vor einem möglichen Ausspähen der Privatsphäre sei fehl am Platz. Doch wie es sich anfühlt vom Überwacher zum Überwachten zu werden, kann Markus Seiler, Behördenchef des Schweizer Nachrichtendienst des Bundes (NDB) nun herausfinden: Journalisten der Wochenzeitung (WOZ) drehten den Spieß um und hefteten sich an die Fersen des Geheimdienstlers. Die dadurch gewonnen Informationen haben sie veröffentlicht. Nun unterbreiten sie ihm ein attraktives Angebot: Er kann ja die gesamte Auflage der Sonderausgabe kaufen.

Für die an der Aktion beteiligten Journalisten Jan Jirát, Dominik Gross und Cyrill Daepp ist es ein Experiment. Sie wollen wissen, wie viel sie über den Geheimdienstchef Markus Seiler herausfinden können, ohne dass dieser vom Ausspähen etwas merkt. Für die Sonderausgabe der WOZ, die sich den Themenschwerpunkten Datenschutz und Überwachung widmet, überwachen sie mit legalen Methoden den Geheimdienstler. Dabei fördern sie einiges zu Tage: Wie viel er verdient, wo er wohnt, ob er in die Kirche geht, was seine Hobbys sind, wie sicher sein Fahrstil ist und vieles mehr. Alles Erkenntnisse die man mit ein wenig Personaleinsatz zusammentragen kann.

Den Spieß umgedreht

Einen Teil der Informationen und Fotos veröffentlicht der Verlag auf die eigens dafür eingerichtete Internetseite, welche die WOZ mittlerweile löschen musste. Sie ist allerdings noch in Internetarchiven vollständig zugänglich. Daneben unterbreitet das Medienunternehmen in einer Videobotschaft ein „verlockendes“ Angebot: Seiler solle einfach die komplette Auflage der Sonderausgabe aufkaufen, um das Bekanntwerden weiterer Informationen zu verhindern. Von seinem Gehalt kann er sich das durchaus leisten, wie die Journalisten wissen.

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Es braucht Mut

Dank Edward Snowden hat die Welt von der bereits ausgeuferten breiten Überwachung der Menschen durch Geheimdienste erfahren. Für viele Journalisten war es im Wesentlichen nichts Neues, lediglich das Ausmaß war größtenteils unbekannt. So war bereits das Abhörsystem „Echelon“ des amerikanischen Geheimdienstes NSA seit über zehn Jahren bekannt. Dennoch wurde allenfalls verhalten berichtet. Die für den Geheimdienst unbequeme Aktion der WOZ kann man daher als ein deutliches Signal für kritischen und mutigen Journalismus werten. Die Spur Witz und Sarkasmus tun ihr Übriges.

Die vollständige Geschichte über den überwachten Überwacher hat die WOZ auf der Internetseite der Zeitung veröffentlicht.

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