„Der Geheimdienst-Chef war nicht der spannendste Auftrag“

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Wie sich eine flächendeckende Überwachung anfühlt, konnte Markus Seiler, Behörden-Chef des Schweizer Nachrichtendienst des Bundes (NDB), am eigenen Leib spüren. Journalisten der Wochenzeitung (WOZ) drehten den Spieß um und spionierten den Geheimdienst-Chef aus. Die gesammelten Informationen veröffentlichten sie auf einer eigens auf Seilers Namen registrierten Internetseite. Einer der „Spione“ war der Inlandsredakteur Jan Jirát, der gerne weitere Einblicke gibt.

Markus Seiler verlässt morgens das Haus.

Zielobjekt Markus Seiler verlässt morgens das Haus.
Foto: Cyrill Daepp (WOZ)

Einmal im Jahr erscheint eine Sonderausgabe der WOZ, die sich einem übergeordneten Thema widmet. In der Ausgabe 2013 wollten sich die Redakteure mit Geheimnissen befassen, wie dem Schweizer Bankgeheimnis. Doch durch Edward Snowdens Enthüllungen gerät die (geheimdienstliche) Überwachung in den Fokus.

Den Spieß umdrehen

Bei der WOZ werden redaktionelle Entscheidungen basisdemokratisch bei gemeinsamen Diskussionen getroffen. Als die Themenschwerpunkte der herbstlichen Sonderausgabe feststehen, kommt schnell die Idee auf, den Spieß umzudrehen und den Geheimdienst-Chef zu überwachen. Bei den Diskussionen ist Jan Jirát von Anfang an dabei. Der 33 Jahre alte Redakteur ist von der Idee angetan und möchte sie gemeinsam mit seinen Kollegen Dominik Gross (ebenfalls Text) und Cyrill Daepp (Fotos) umsetzen. Sie nehmen Seiler ins Visier. Angst im Gegenzug von den Geheimdiensten durchleuchtet zu werden haben sie nicht. Eine Geheimdienstakte über die WOZ existiere ohnehin schon.

Die überraschende Erkenntnis der Journalisten: „Wir haben uns beim Ausspionieren vor allem gelangweilt“, sagt Jirát. Seiler ist kein dubioser Geheimdienst-Chef, wie man sie aus den Kinofilmen kennt, sondern ein Karrierebeamter mit einem normalen Familienleben. Seine berufliche Laufbahn ist nichts Ungewöhnliches. Im Nachhinein betrachtet, war er dennoch das perfekte Ziel, denn so falle es leichter sich mit der Figur zu identifizieren. So könne der Bürger besser nachvollziehen, wie unangenehm es sei beobachtet zu werden.

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