Jens Brehl: Wie war es, als Frau zusammen mit den Soldaten auf Patrouille zu gehen?
Julia Weigelt: Wie in vielen von Männern dominierten Berufen sind Frauen zunächst Außenseiter, zudem waren die Soldaten bereits einige Monate zusammen. Doch spätestens als sie merkten, dass auch ich den Sand in den Augen hatte und mich ebenso wie sie der Gefahr aussetzte, haben sie mich schnell ernst genommen.
Jens Brehl: Ein Stück weit waren Sie da bestimmt erst einmal ein Fremdkörper, denn die Soldaten waren mitunter schon ein eingespieltes Team und nun mussten sie zusätzlich noch auf Sie aufpassen, oder?
Julia Weigelt: Da mich jedes Mal ein Presseoffizier begleitet hat, gab es sogar zwei Neue im Team. Ich kann verstehen, dass die Soldaten im ersten Moment genervt reagieren – schließlich haben sie schon genug zu tun. Journalisten sind aber auch für die Soldaten wichtig, um der Gesellschaft ein Bild von den Einsätzen zu vermitteln.
Jens Brehl: Warum wurden Sie stets von einem Presseoffizier begleitet? Gibt es Bedenken in Bezug auf kritische Berichterstattung?
Julia Weigelt: Bei der Bundeswehr waren die Medien eine lange Zeit ein Feindbild. Ein Paradigmenwechsel hat zwar schon stattgefunden, aber es existiert noch Misstrauen. Man fürchtet, dass Journalisten alles schlecht schreiben. Aufgrund unserer Geschichte sind wir in Deutschland eher pazifistisch eingestellt, was sicherlich gut ist, aber mitunter den Blick auf gewisse Notwendigkeiten verstellt.
Wenn aus negativen Berichten Skandale werden, stehen bundeswehrintern die Presseoffiziere in der Kritik. Für die journalistische Arbeit ist es schwierig, wenn man einen Presseoffizier an der Seite hat, der sich selbst als „Verhinderer“ sieht und nicht als Unterstützer. Aber: Es gibt solche und solche.
Jens Brehl: Wie eng darf das Verhältnis zu den Soldaten und auch Presseoffizieren sein, um den journalistischen Blick zu bewahren?
Julia Weigelt: Das ist bei den so genannten „eingebetteten Journalisten“ der Knackpunkt. Natürlich sind sich Armeen im Klaren, dass in außergewöhnlichen oder gar gefährlichen Situationen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit entsteht. Das ist menschlich und Journalisten sind zum Glück ja auch Menschen. Es gilt jedoch die journalistische Distanz zu wahren. Viele Journalisten sind in diesem Punkt besonders kritisch und hinterfragen sich selber. So bin auch ich vorgegangen.
Mir war von Anfang an klar, dass ein Gemeinschaftsgefühl und eventuell auch Freundschaften entstehen würden. Mit einigen Soldaten stand ich nach meiner Rückkehr noch in Kontakt. Es geht für Journalisten ja auch darum, ein Netzwerk aufzubauen, um Informationen und Protagonisten für die nächsten Geschichten zu finden. Dabei ist immer Wachsamkeit geboten. Wenn man merkt, man verbrüdert sich, sollte man die journalistische Distanz stets wieder aufbauen.