Über sieben Millionen Buchkäufer weg!

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Seit 2012 sind dem deutschen Buchhandel 7,3 Millionen Käufer abhanden gekommen. Höhere Buchpreise haben die Umsätze zwar stabilisiert, aber das sei keine Dauerlösung, wie Daniel Lenz, Mitherausgeber digital publishing report, betonte. Mit seinen düsteren Zahlen eröffnete er die Podiumsdiskussion „Der Kampf um die Leser“ auf der diesjährigen Buchmesse in Frankfurt. Doch Aufgeben gilt nicht: Vom Feindbild Netflix und von Selfpublishern könnten Handel und Verlage viel lernen und wieder neue Leser gewinnen.

Schnell wurde klar: Allgemeingültige Strategien, um wieder Leser an das Medium Buch heranzuführen gibt es nicht. „Die verlorenen Leser lassen sich keiner speziellen Bildungsschicht oder Einkommensklasse zuordnen“, erklärte Lenz. „Das Buch ist nicht länger der Rückzugsort vor Alltagsstress.“

Serien die besseren Bücher?

Nach einem anstrengenden Arbeitstag ließen sich Serien beispielsweise viel leichter konsumieren. Dank Netflix & Co. steht eine riesige Auswahl jederzeit bereit. Zudem werde über Serien häufiger mehr diskutiert, als über Bücher – man behalte demnach den gesellschaftlichen Anschluss. „Als Branche kriegen wir nur die Kurve, wenn wir uns auf unsere Stärken besinnen und Lesern spannende Erlebnisse bieten“, mahnte Dr. Gerd Robertz, Geschäftsführer von Book on Demand. In düstere Stimmung zu verfallen helfe nicht weiter.

Von Netflix lernen: Doors von Markus Heitz

Feindbilder gelte es zu überwinden und im Falle von Netflix von ihnen zu lernen. Natalja Schmidt leitet bei Droemer Knaur den Bereich Belletristik und berichtete vom Projekt „Doors“ mit Erfolgsautor Markus Heitz, welches in Form von gedruckten Büchern und E-Books umgesetzt ist. Das Werk handelt von einem Expeditionsteam, welches in einem Höhlensystem nach einer vermissten Frau sucht und plötzlich vor drei Türen steht. Je nachdem, welche Tür die Leser wählen, bekommen sie eine andere abgeschlossene Geschichte. Dazu kaufen sie die entsprechenden weiterführenden E-Books – der elektronische Pilot ist kostenfrei – oder greifen gleich zum gedruckten Buch mit der gewünschten Handlung. Schmidt musste allerdings zugeben, dass der Verlag dieses neue Konzept mit einem unbekannten Autoren nicht umgesetzt hätte und zuvor ordentlich die Werbetrommel gerührt und somit entsprechendes Budget eingesetzt hat. Es ist anzunehmen, dass Heitz-Fans mehrere Doors-Versionen kaufen, wenn nicht alle – so lässt sich der Buchabsatz auch steigern. Der Name „Heitz“ zieht eben. „Sollte das Format erfolgreich sein, ist der Weg für anderen Autoren geebnet.“

Buchhandlungen durch Selfpublisher stärken

„Bedingt bestellbereit“ nannte Lenz den Status Quo der meisten Buchhändler in Sachen selbstverlegten Büchern. Für ein Umdenken plädierte Vera Nentwich, Vorsitzende des Selfpublisher Verbands. Mit einem breiter aufgestellten Sortiment ließen sich mehr Leser in die Buchhandlung ziehen als mit der „Mainstreamware“. Robertz schlug in die gleiche Kerbe. Selfpublisher seien oft viel näher an ihren Lesern und kommunizierten auf Augenhöhe mit ihnen. Diese Energie gelte es auch als Händler zu nutzen. Gerade mit herausragenden regionalen Titeln könne man punkten, denn aus dem Bereich hätten sich die meisten Verlage aufgrund von für sie zu niedrigen Verkaufszahlen weitgehend zurückgezogen. Er plädierte auch für das Niederreißen der Grenzen zwischen klassischem Verlagswesen und Selfpublishing. „Es gibt nur gute oder schlechte Bücher. Wie sie produziert werden, ist doch egal.“

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