Prenzlauer Berg Nachrichten: Künftige Finanzierung durch die Leser geplant

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Die hyperlokale Onlinezeitung Prenzlauer Berg Nachrichten aus Berlin stoppt den Verkauf von Werbeanzeigen, denn die Erlöse reichen ohnehin nicht aus, um die Kosten zu decken. Der Traum vom werbefinanzierten Journalismus ist auch hier geplatzt. Nun sollen es die Leser mit einer Mitgliedschaft und einem damit verbundenen monatlichen Beitrag von 4,90 Euro richten, ansonsten wird die Seite eingestellt.

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Um Journalismus zu finanzieren, kommt es auf jeden Euro an.
Bild: l-vista / pixelio

Die alte Rechnung durch gute Artikel genügend Leser zu erreichen, um relevant für Werbekunden zu sein, die dann mit den Anzeigenschaltungen das Medium finanzieren geht vielerorts (schon lange) nicht (mehr) auf. Auch die 2010 gestartete hyperlokale Onlinezeitung bekommt das zu spüren und zieht konsequent die Reißleine.

Mit dem Leser oder gar nicht

Die Prenzlauer Berg Nachrichten standen laut Geschäftsführer Philipp Schwörbel unter anderem vor dem Dilemma, dass manche Werbekunden erst Anzeigen schalten wollten, wenn auch über die sie im redaktionellen Teil berichtet würde. „Doch so läuft das nicht. Die Glaubwürdigkeit ist die Grundlage unserer Zeitung; bei uns kann man sich nicht einkaufen. Zwei von drei möglichen Aufträgen gehen uns so wohl durch die Lappen“, schreibt Schwörbel.

Ähnliches äußerte Jörg Langer, Gründer und Herausgeber des Onlinemagazins Gamers Global, im Interview: „In Einzelfällen bekomme ich aber auch zu hören, dass wir eine Anzeige nicht bekommen haben, weil es keinen entsprechenden Spieletest gab oder unsere Wertung in den Augen des Herstellers zu schlecht ist. So etwas ärgert mich dann maßlos, denn diese Art von Geschäftsgebaren ist unmöglich. In der Branche existiert ein Graubereich nach dem Motto ‚berichte über unser Spiel und du bekommst eine Anzeige’. Natürlich gibt es Internetseiten und Verlage, die auf Wunsch des Herstellers agieren.“

Auch Formen von verdeckter Werbung und dergleichen wollten sich die Macher der Prenzlauer Berg Nachrichten sparen. Den neue Finanzierungsweg wollen sie daher Hand in Hand mit dem Lesern gehen: Bis zum 29. Mai müssen 750 von ihnen zu Mitgliedern geworden sein, die monatlich 4,90 Euro bezahlen. Wenn nicht, sind die Prenzlauer Berg Nachrichten Geschichte.

Möglichkeiten Journalismus zu finanzieren: freiwilliges Zahlen, Crowdfunding

Die Herausgeber der noch jungen Wuppertaler Wochenzeitung Talwaerts, Jan Filipzik und Florian Schmitz, verzichteten von Beginn an auf Werbekunden. So können die Journalisten Gelungenes ohne wirtschaftliche Verstrickungen lobend erwähnen oder offen Kritik üben. Anders als bei den Prenzlauer Berg Nachrichten gibt es bei der Printzeitung Talwaerts keine Inhalte gratis im Internet.

Bewusst sind hingegen die Inhalte auf taz.de für alle Leser frei zugänglich, damit auch Menschen mit einem schmalen Geldbeutel teilhaben können. „Paywalls sind in unseren Augen kein geeignetes Konzept, wir denken mit dem Appell ans freiwillige Bezahlen einen besseren Weg gefunden zu haben“, sagte Mathias Bröckers von der taz.

Daniel Höly, Herausgeber von Shift, hat die beiden bisher erschienenen Ausgaben jeweils per erfolgreicher Crowdfunding-Kampagne gestemmt und damit knapp über 22.000 Euro eingesammelt. „Crowdfunding bietet die Möglichkeit Förderer zu gewinnen, denen unabhängiger Journalismus etwas wert ist und ihn deswegen auch unterstützen“, sagte Höly im Interview.

Welchen Weg geht der Freigeber?

Ebenso wie bei taz.de veröffentliche ich alle Beiträge in meinen Blogs als kulturelle Gemeingüter, so dass die Inhalte frei zugänglich sind. Auch mir stellt sich die Frage, wie ich das finanzieren möchte. Bislang ist die Sparda-Bank München der einzige Sponsor. Das Geldhaus hat sich der Gemeinwohl-Ökonomie angeschlossen und bereits zwei Mal eine Jahresanzeige für jeweils 550 Euro gebucht. Auch ein paar Leser zahlen (regelmäßig) freiwillig, doch noch reichen die Einnahmen nicht aus. Eines habe ich aber bislang gelernt: Es gibt kein Patentrezept! Mit Unterstützung von Sponsoren und Lesern werde ich meine Philosophie hoffentlich beibehalten und noch lange Blicke hinter die Kulissen der Medienwelt und mehr freigeben können.

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