Auf Vorwürfe à la „Lügenpresse“ hat die Main-Post nicht gewartet, sondern bereits 2004 die Stelle eines Medienombudsmanns geschaffen. Seitdem kümmert sich Anton Sahlender als Leseranwalt um Beschwerden, kritisiert Beiträge des eigenen Mediums und erklärt die Arbeitsweise der Redakteure. Über 600 Kolumnen hat er bereits veröffentlicht. Wer den Protest von Lesern ignoriert, der beschädigt auf Dauer die eigene Marke und sorgt für einen steten Vertrauensverlust. Doch wer zwischen Medienmachern und -nutzern vermitteln möchte, braucht auch ein dickes Fell.

In seiner Kolumne widmet sich Anton Sahlender der Kritik von Lesern und gibt Einblicke in die Arbeitsweise der Journalisten.
„Am Anfang habe ich alle Verrückten abbekommen – das war schlimm“, erinnert sich Anton Sahlender. Daher ist er recht schnell dazu übergegangen, nur auf nachvollziehbare Beschwerden zu reagieren, bei denen die Leser auf Beleidigungen verzichten. Einen Anstieg der Zuschriften seit der „Lügenpresse“-Diskussion kann er nicht verzeichnen. „Unzufriedene Leser gab es immer.“ Jedoch wird er nicht nur aufgrund von Beschwerden aktiv, sondern „scannt“ täglich die Berichte der Main-Post, ob journalistisch sauber gearbeitet wurde.
Die Leser sollen Journalismus besser verstehen und seine gesellschaftliche Notwendigkeit erkennen. So müsse man deutlich machen, dass journalistische Arbeiten auch Fehler enthalten können.
Missverständnisse führen zum Vorwurf der „Lügenpresse“
„Im Laufe der Zeit sind immer mehr Missverständnisse entstanden und die hängen uns heute noch nach. Die angesammelte Unzufriedenheit schlägt auch durch, wenn es stellenweise um ‚Lügenpresse’ geht.“ In einem Interview empfahl der Züricher Journalistik-Professor Vinzenz Wyss eine Art Beipackzettel. Auch Sahlender findet es hilfreich, wenn Journalisten in ihren Artikeln auch die Vorgehensweise erklären.
Ansonsten entsteht mitunter Raum für Spekulationen, wie bei einem Beitrag in der Main-Post über eine Frau, die durch einen ärztlichen Behandlungsfehler fast verstorben wäre. Im Beitrag war das betroffene Krankenhaus bewusst nicht genannt. „Jeder Leser fragt sich doch warum. Man muss die Gründe für den Verzicht erklären.“ So wollte man die Klinik nicht aufgrund eines Einzelfalls generell anklagen und auch nicht in den beginnenden Rechtsstreit eingreifen. In seiner Kolumne klärte Sahlender die Hintergründe.