Was wäre, wenn es im Dritten Reich bereits Computer, Internet, E-Mails, soziale Medien und Mobiltelefone gegeben hätte? In seinem Roman „NSA – Nationales Sicherheitsamt“ entwirft Andreas Eschbach genau dieses Szenario. Immer enger überwacht das Regime seine Bürger. Bargeld ist abgeschafft, jeder Kauf ist elektronisch erfasst. Wer zu viele Lebensmittel oder gar eine Dachbodenleiter und eine Campingtoilette gekauft hat, versteckt wahrscheinlich Juden oder andere Staatsfeinde. Doch die Nazi-Regierung will noch viel mehr, als „nur“ alles über seine Bürger wissen.
Helene Bodenkamp arbeitet als Programmiererin im Nationalen Sicherheitsamt. Sie ist talentiert, aber auch leicht naiv. Sie spürt den politischen Wandel und fragt sich, wohin ihre jüdische Schulfreundin verschwunden ist. Dennoch erfüllt sie ihre Pflicht. Sie hackt sich nicht nur in amerikanische Computer ein, um die Rüstungsproduktion zu sabotieren, sondern schreibt Programme, die dem Staat alles über seine Bürger verraten. Kein Wunder: Privater Datenspeicher ist verboten, alles wird in zentralen Datensilos – in der Realität würde es „Cloud“ heißen – erfasst.
Widerstand ist zwecklos

Bastei Lübbe / 22,90 Euro
Eschbach vermischt wahre geschichtlichen Ereignisse und reale Personen mit seiner Fiktion. Anne Franks Versteck fliegt auf, da ihre Helfer zu viele Lebensmittel einkaufen. Ihr Tagebuch wird verbrannt. Die Geschwister Scholl sind wenige Tage, nachdem sie das erste Flugblatt der Weißen Rose in Umlauf gebracht haben, verhaftet. Ihre Mobiltelefone haben sie durch Metadaten und Standortbestimmung verraten. Als Helene immer mehr Zweifel an der Richtigkeit ihres Tuns kommen, wendet sie die Technik gegen das Regime. Gleichzeitig weitet sich die Überwachung immer weiter aus. Ein erster Prototyp der künstlichen Intelligenz wertet die Datenströme automatisch aus und meldet ungewöhnliches Verhalten. Doch dies ist nur die Spitze des Eisbergs.
Trotz zahlreicher Skandale gehen viele Menschen sorglos mit ihren Daten um. Getreu dem Motto: Ich habe ja nichts zu verbergen. Das Thema digitale Überwachung ist meist nicht greifbar. Das fiktionale Szenario in Eschbachs „NSA – Nationales Sicherheitsamt“ lässt seine Leser an vielen Stellen nach Luft schnappen und vielleicht sogar das eigene Verhalten hinterfragen. Der Roman weist allerdings auch Längen auf, da die Lebensgeschichten der beiden Hauptprotagonisten extrem ausführlich geraten sind. Gerade im ersten Drittel nehmen langatmigen Passagen viel Raum ein. Zudem möchte die Sympathie nicht so recht auf Helene, die Heldin des Buchs, überspringen. Zum Ende hin erscheint so manche Wendung auch arg konstruiert. Der Ausgang der Geschichte ist allerdings ein echter Paukenschlag.
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