Wer gibt schon gerne das Heft aus der Hand? Die taz hat es jedenfalls wortwörtlich in einem offenen Experiment gewagt. Die Jubiläumsausgabe vom 18./19. April haben 58 Leser unter 24 Jahren ohne redaktionelle Vorgaben gestaltet. „Die taz hat vor 40 Jahren mit sehr jungen Kolleginnen und Kollegen begonnen und wir wollten erfahren, wie die Jugend von heute die Welt sieht“, erklärt Redakteur Jan Feddersen den Ansatz. Um Filterblasen zu durchbrechen mussten die Teilnehmer nicht zwingend in der Medienbranche tätig sein.
Sie sind jung und müssen die Fehler der Politik, bei der Gestaltung der Rente, beim Umwelt- und Klimaschutz in den nächsten Jahrzehnten ausbaden. In einigen Bereichen haben es vorherige Generationen verkackt – und genau das war der Aufmacher. Die Texte der Jubiläumsausgabe beschäftigten sich mit dem Klimawandel, drohender Altersarmut, aber auch mit Feminismus, Geschlechtergerechtigkeit und dergleichen. Somit blieben die jungen Akteure im gewohnten taz-Kosmos und dürften daher keine Stammleser verschreckt haben.
Debatten ja, konkrete Lösungen weitgehend nein
Viele Artikel waren Debattenbeiträge. Beispielsweise, inwieweit sich fremde Länder und Kulturen entdecken lassen und gleichzeitig im Sinne des Klimaschutzes so wenig wie möglich zu fliegen. Der 14jährige Autor legt einen reflektierten und gleichzeitig informativen Beitrag ab – während der Freigeber in seinem Alter noch mit Legos spielte.
Leider blieben an einigen Stellen der Ausgabe Chancen ungenutzt, auf heute schon verfügbare Lösungen zu verweisen und mit entsprechenden Experten zu sprechen. Wie kann die Verkehrswende, die ökologische Agrarwende konkret aussehen? „Es ist nicht die Aufgabe des Journalismus, Lösungsvorschläge zu unterbreiten oder Politik zu machen. Journalisten haben über das zu berichten, was ist“, sagt Feddersen.
Das Experiment sei geglückt. Inwieweit daraus nachhaltige Impulse für die regulären Redakteure entstanden sind, wird sich noch zeigen.
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