Na ja, schön wär’s. Aber ganz ehrlich: schreiben wirkt auf mich befreiend. Egal ob Interview, Kurzmeldung, ausführlicher Artikel oder Buchprojekt. Dabei habe ich in meinem Abschlusszeugnis ein ausreichend im Fach Deutsch bekommen und ich galt nicht gerade als kreativer Schüler. Wohl niemand hätte geglaubt, dass ich einmal als Journalist arbeiten und Bücher schreiben würde.
Unter uns gesagt, bin ich sogar schreibfaul. Bevor ich mit meiner Arbeit beginne, kann ich mich wunderbar mit allem Möglichen ablenken. Kaum sitze ich am Computer beschäftiget mich Weltbewegendes: Ist eigentlich noch genug Milch im Kühlschrank? Am besten schaue ich mal schnell nach. Oh heute Abend hätte ich mal Lust auf einen tollen Film, was könnte ich mir ansehen?
Die Angst der Autoren vor der ersten leeren Seite
Dahinter steckt keine Hyperaktivität, sondern schlicht die Angst vor dem Versagen – umgangssprachlich die berühmte Angst vor der leeren Seite. Ich fürchte nicht die richtigen Worte zu finden, nicht alle wichtigen Informationen unterbringen und sinnvoll miteinander verbinden zu können. Vier Bücher habe ich bereits veröffentlicht und dennoch gibt es Selbstzweifel. Das geht allerdings vielen langjährigen Autoren und Journalisten ähnlich. Daher heißt es immer wieder: Ängste besiegen und mit der Arbeit beginnen.
Autoren müssen schreiben …
… so wie Bäcker eben backen müssen. Mein persönliches Umfeld merkt schnell, wenn ich ein paar Tage nichts geschrieben habe. Ich bin genervt, unleidlich und mitunter sogar leicht reizbar. Im Schreibfluss fühle ich mich ausgeglichen und Selbstzweifel haben keine Chance – aber in jeder Pause schleichen sie sich gerne wieder ein. Mein Trick ist ganz einfach: Ich akzeptiere die Angst und beginne mit den ersten Zeilen. Nun setzt auch das handwerkliche Können ein, schließlich arbeite ich nun seit fast zehn Jahren als Journalist. Ein Satz bedingt den nächsten und wie von Zauberhand entsteht der Zusammenhang, den ich fürchtete nicht herstellen zu können.
Es kommt vor, dass ich mit einem Textentwurf äußerst unzufrieden bin. Wenn es der Abgabetermin erlaubt, schlafe ich einfach eine Nacht darüber und schaue ihn mir am nächsten Morgen in aller Frische an. Nun kann es sein, dass ich Zeuge eines Wunders werde: Der Entwurf ist recht gut, vielleicht tausche ich noch ein paar Wörter aus, streiche einzelne Sätze oder füge neue hinzu. Fertig. Ein Euro ins Phrasenschwein: In der Ruhe liegt eben die Kraft.
Kann ich vom Schreiben leben?
Viele Journalisten und Autoren fragen sich, ob sie vom Schreiben leben können. Die Antwort ist ein klares Jein. Etliche Verlage (müssen) sparen und bieten teilweise unterirdische Honorare. Auf die Arbeitszeit umgerechnet, kommen einige Autoren noch nicht einmal auf den gesetzlichen Mindestlohn für Angestellte.
Eine weitere Hürde ist bei mir, dass ich nicht jeden Auftrag annehmen will, weil ich hinter den Aussagen nicht stehen kann. Oder ich andere ethische Werte habe und für sauberen Journalismus eintrete. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass die wenigsten den einen großen (nachhaltigen) Durchbruch erleben. Vielmehr sind es viele kleine Erfolge und so ist neben einer großen Portion Leidenschaft auch ein langer Atem von Vorteil.