Kritisch, aber konstruktiv

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Die Geschichte des konstruktiven Journalismus ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Es sollen nicht alle schlechte Nachrichten durch Hurra-Meldungen ersetzt werden, noch sind Journalisten dafür verantwortlich, Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu erfinden. Doch wie sieht kontruktiver Journalimus nun aus und wie kann er den in den Redaktionsalltag sinnvoll integriert werden? Ulf Grüner und Dr. Christian Sauer geben als Herausgeber in ihrem Sammelband „Kritisch-konstruktiver Journalismus – Impulse für Redaktionen“ Antworten.

Es läuft viel schief in unserer Welt: Kriege, Terroranschläge, Umweltzerstörung, soziale Ungerechtigkeit und mehr. Journalisten gehen ihrer Aufgabe nach und decken Missstände auf und thematisieren sie. Bei aller Schwarzmalerei ist dies wichtig, schließlich können nur Lösungen gefunden werden, wenn die Probleme bekannt sind.

Doch nimmt die negative Berichterstattung überhand, droht sie ihre Nutzer zu desillusionieren, lässt sie lethargisch werden („Es ist ja eh alles zu spät.“) und hinterlässt sie im schlimmsten Fall sogar depressiv zurück. Daher gilt es, die richtige Balance zu finden. Daher sollen Journalisten weiterhin kritisch hinterfragen.

Zoo oder Journalisten mit Auslauf?

Der konstruktive Journalismus stellt Lösungen vor, oft stehen diese sogar im Mittelpunkt der jeweiligen Beiträge. Wie die Autoren im Sammelband „Kritisch-konstruktiver Journalismus – Impulse für Redaktionen“ betonen, kommt man Lösungen im Grunde recht leicht auf die Schliche. Oft reiche die einfachen Fragen bei Recherche und Interviews „Und nun?“, „Was kommt als nächstes?“ „Wie könnte eine Lösung aussehen?“.

Journalisten sind eingeladen, sich auf neue Sichtweisen einzulassen und nicht nur nach Problemen, sondern möglichen Lösungen fragen. Die Ergebnisse können mitunter erstaunen. Manch ein Medium schafft eine spezielle Rubrik für positive Nachrichten, auch wenn das für viele Redakteure keine optimale Lösung darstellt. Ist sie allerdings ins Leben gerufen, muss sie auch gefüllt werden. Durch diesen Zwang ist zumindest in Teilen der Redaktion ein konstruktives Umdenken erforderlich. Dennoch kann eine Rubrik und deren Akteure auch als eine Art Zoo betrachtet werden, die Außenstehende mit großen Augen bestaunen oder aber verwundert die Köpfe schütteln. Wäre es nicht besser, soweit wie möglich konstruktive Ansätze auch bei den Beiträgen der anderen Rubriken zu verfolgen?

Im aktuellen und damit hektischen Nachrichtengeschäft funktioniert konstruktiver Journalismus weniger gut. Schließlich braucht es oft Zeit für Recherche, zudem soll nicht jede Nachricht mit Krampf einen positiven Anstrich bekommen. Ein Flugzeugabsturz ist per se tragisch.

So gelingt es in der Redaktion

Zeit ist im Redaktionsalltag ein Luxusgut und auch Sparzwänge sorgen nicht gerade für den besten innovativen Nährboden. Das wissen auch die Autoren, und nähern sich dem Thema von der Theorie bis in die Praxis.

Ein wenig nerven die Doppelungen in den Texten der verschiedenen Autoren. Auch Textform und Sprachstil variieren stark, denn manche Texte stammen aus Vorträgen, manchmal folgt einem Aufsatz ein Interview. Einerseits ist das anstrengend, lockert das Buch aber auch auf.
Die unterschiedlichen Autoren bieten viele Facetten und differenzierte Sicht- und Handlungsweisen. Bis auf wenige Ausnahmen sind Quellenangaben und Hinweise zu weiterführender Literatur vorbildlich. Sehr schön: Im Buch kommen auch Kritiker des konstruktiven Journalismus zu Wort.

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