Der gesellschaftliche Umbau ist auf etlichen Ebenen in vollem Gange. Vielerorts schließen sich engagierte Bürger in unterschiedlichen Initiativen zusammen, um gemeinsam neue Wege zu gehen. Sei es im Bereich von ökologischen Gemeinschaftsgärten, Regiogeld, dem Ausbau dezentraler und regenerativer Energieversorgung oder ganzheitlichen Methoden Wissen zu vermitteln. Auch in Deutschland trifft man dabei häufig auf die aus dem angelsächsischen Raum stammende Transition-Bewegung. Mit konkreten Lösungsansätzen schicken sich deren Anhänger an, ihren Beitrag zur ökologischen Wende zu leisten.
Probleme seit Jahrzehnten bekannt
Spätestens seit Dennis L. Meadows 1972 sein viel beachtetes Buch „Grenzen des Wachstums“ veröffentlichte wissen wir, dass unser westliches Wirtschaftssystem mit dem Zwang unendlich wachsen zu müssen Ressourcen unwiederbringlich verschleudert und unsere Lebensgrundlagen nachhaltig zerstört. 40 Jahre später hat sich unser Handeln im globalen Maßstab wenig geändert. Im Gegenteil: Aufstrebende Staaten wie China, Indien und Brasilien kopieren das zum Scheitern verurteilte System für kurzfristige monetäre Gewinne.
Ein wertvoller Rohstoff, der bald knapper werden könnte, ist das Öl. Nur wenige andere natürliche Ressourcen haben eine derart hohe systemische Relevanz: Nahezu jedes industrielle Produkt benötigt es als Ausgangsstoff, seien es Textilien, Pharmazeutika, Kunststoffe aller Art und natürlich Treibstoff. Durch den massenhaften Einsatz von Einwegverpackungen in unserer Plastikwelt heizen wir die Nachfrage zusätzlich und meist vollkommen unnötig an. Es ist eine Frage der Zeit, wann wir das globale Fördermaximum, der Fachmann spricht von Peak Oil, erreichen und die Ölproduktion danach kontinuierlich sinkt. Wann genau dies sein wird ist selbst für Experten schwer zu sagen. Der OPEC (Organisation erdölexportierender Länder) angeschlossene Förderländer geben ihre Reserven beispielsweise mitunter höher an, als sie tatsächlich sind, denn dann fällt der Anteil an der gemeinsamen Förderquote größer aus. Oft ist der Ölexport die einzig nennenswerte Staatseinnahme. Dabei muss uns das Öl nicht mit einem Schlag vollständig ausgehen. Die leicht zugänglichen Fundstätten werden bereits ausgebeutet oder sind es schon längst. Der Aufwand und Energieeinsatz ein neues Vorkommen zu erschließen steigt bis zu einem Punkt, an dem wir mehr Ressourcen und Energie verbrauchen als wir gewinnen können. Das ist dann das Ende des billigen Öls.
Laut einer Studie der Bundeswehr besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass wir Peak Oil bereits 2010 erreicht haben. Die Folgen würden wir in einem Zeitraum von 15 bis 30 Jahren zu spüren bekommen: Globale Machtverhältnisse verschieben sich, demokratische Grundwerte verlieren im Vergleich zur Energiesicherheit an Relevanz, ein Wettrüsten um die Ansprüche an arktischen Rohstoffvorkommen zu sichern wird möglich und letztlich würde das bisherige Wirtschaftssystem kollabieren. Schließlich wird die arbeitsteilige Welt erst durch billige Transporte rund um den Globus ermöglicht. Zudem ist unsere industrielle Landwirtschaft vollständig vom Öl abhängig, die mehr Energie verbraucht, als sie durch die Erzeugnisse liefert. Ein tägliches Minusgeschäft auf Kosten von Mensch und Umwelt.
Auch wenn die Ölvorkommen eventuell noch Jahrzehnte reichen, schadet das Fördern massiv der Umwelt. Während wir automatisch an Fernsehbilder der großen Tankerunfälle denken, vergessen wir die tägliche Ölpest in Form von Lecks an Ölplattformen in der Nordsee oder maroden Pipelines in Nigeria. Auch ein Thema: Der Teersandabbau in Kanada. Aktuell sammeln Schauspieler Andreas Hoppe (bekannt als Kommissar Mario Kopper aus dem SWR-Tatort) und Journalist Konstantin Muffert auf Startnext Geld für eine TV-Dokumentation über den kanadischen Teersandabbau, seine Folgen für Umwelt und Einheimische, aber auch über die Hintergründe und den Bezug zu Europa.
Wäre das nicht schon genug, steht die Menschheit vor weiteren Problemen. Noch immer hungert ein großer Teil der Erdbevölkerung, täglich geht fruchtbares Ackerland verloren, die Artenvielfalt ist bedroht, Menschen haben Angst vor klimatischen Veränderungen, Gentechnik breitet sich in der Natur aus und darüber hinaus drohen wir in giftigem Müll zu ersticken. Konkrete und vor allem praktikable Lösungsansätze seitens der Politik kann man mit der Lupe suchen und wird dennoch kaum fündig.
Anders bei der Transition-Bewegung. Hier machen sich Menschen nicht nur Gedanken darüber, wie man beispielsweise unabhängig von fossilen Energieträgern wird, wie eine nachhaltige lokale Wirtschaft aussehen kann und wie man in Eigenregie Biolebensmittel anbaut, sondern es folgen Taten in Form von gemeinschaftlichen Projekten. „Es ist menschlich, sich angesichts der Dimensionen der globalen Probleme zeitweise überfordert und ohnmächtig zu fühlen“, erklärt Gerd Wessling. Der Diplom-Physiker koordiniert die Transition- Aktivitäten im deutschsprachigen Raum und ist einer von neun ausgebildeten Trainern. Es sei daher wichtig, einen im übertragenen Sinne „Raum“ zu schaffen, in dem etwaige Ohnmachtsgefühle ein konstruktives Ventil finden. „Durch konkretes Tun kann ich wieder Kraft schöpfen, um gemeinsam mit anderen Menschen vor Ort Probleme zu lösen, nachhaltiger mit wertvollen Ressourcen umzugehen und die Lebensqualität für alle im eigenen Umfeld zu steigern. Parallel festigt sich die regionale Widerstandskraft gegenüber globaler Krisen.“ Es sei überaus wichtig, dass sich Menschen begegnen und in unserer schnelllebigen Zeit echte Bindungen entstehen. Dies ist der Nährboden für Veränderungen.
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