Wenn der Partner ausbrennt: „Am schmerzlichsten war es zurückgewiesen zu werden“

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Dank umfassender Medienberichte rücken die Tabuthemen Burnout und Depressionen weiter verstärkt ins öffentliche Bewusstsein. Zahlreiche Betroffene haben in den letzten Monaten ihr Schweigen gebrochen und somit eine breite Diskussionsbasis geschaffen. Bisher meist unbeachtet bleiben nahe Angehörige, die sich oftmals ohnmächtig fühlen und auf ihre Art unter der Krankheit des Familienmitglieds, des engen Freunds oder dem Lebenspartner leiden. Eine von ihnen hat sich dazu entschlossen, sich zu öffnen und ihre persönliche Geschichte zu erzählen:

Susanne (36) und Christoph (49) (beide Namen geändert) sind seit zehn Jahren ein Paar. Gemeinsam führen sie ein kleines Handwerksunternehmen in einer hessischen Kleinstadt. Im Herbst 2010 erkrankt Christoph an Depressionen und brennt aus. Was für ihn ein schleichender Prozess gewesen sein mag, stellt sich für seine Lebensgefährtin als unerwarteter und tiefer Bruch dar. Sie verliert vollständig den Zugang zu ihm und muss ihn gleichzeitig auffangen. Eine Zerreißprobe nimmt ihren Lauf.

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„Du hast mit meinem Leben nichts zu tun.“ Die Aussage trifft Susanne tief ins Herz. Sie ist zunächst traurig, später wütend auf ihren Partner. Während er sich emotional immer weiter von ihr distanziert, ist sie die treibende Kraft, die den Betrieb und den Haushalt am laufen hält. Christoph ist schon Wochen dazu gesundheitlich und mental nicht mehr in der Lage. Jedes Gespräch, jede Tätigkeit belastet ihn. Seinen Frust und seine Wut bekommt Susanne immer häufiger zu spüren. „Er konnte mit keinem Menschen etwas anfangen, war innerlich vollkommen leer. Von Liebe zwischen uns war nichts mehr zu spüren.“ Alles was Susanne unternimmt ist falsch. Kümmert sie sich um die Belange ihres Partners, weist er sie wütend zurecht. Sie soll das lassen und sich nicht einmischen. Tut sie es nicht, dann nimmt sie ihn aus seiner Sicht nicht ernst. Längst ist jedes Gespräch ein Minenfeld und egal wie Susanne reagiert, löst sie eine weitere Sprengfalle aus. Sie ermahnt sich zur Geduld, wenn Christoph innerhalb weniger Stunden mehrmals das gleiche fragt oder sie ernsthaft auf etwas Offensichtliches hinweist. Meist gelingt es ihr ruhig die stets gleichlautende Antwort zu geben, die für Christoph jedes Mal neu zu sein scheint. „Ich glaube Christoph hat so viel laut wiederholt, weil er Angst davor hatte es selber zu vergessen. Jedes einzelne meiner Worte habe ich mehrmals auf die Goldwaage gelegt, bevor ich es ausgesprochen habe. Doch an manchen Tagen fehlte mir dazu die Kraft.“ Weist sie ihn auf den Umstand hin, dass er bereits zum wiederholten Male das gleiche fragt, interpretiert er ihre Aussage als Angriff. Die jeweilige Tagesform der beiden gibt vor, welchen Verlauf ein an sich harmloses Gespräch nimmt. Ab einem gewissen Punkt kann Susanne nicht mehr und ihre Wut bricht aus ihr heraus. „Ich empfand es als ungerecht von ihm immer wieder zu hören er könne dieses und jenes nicht, im Gegenzug war er aber in der Lage die Energie aufzuwenden um mich anzugreifen und zu beleidigen.“ Gelöst wird kein Konflikt, denn Christoph hat sich dazu entschlossen zu mauern. Die Atmosphäre bleibt vergiftet. Verwirrend ist zudem, dass ein Umstand, den Christoph auf die Palme bringt, am nächsten Tag vollkommen in Ordnung ist und ihn kalt lässt. Susanne weiß nicht mehr woran sie sich noch orientieren soll.

Im Betrieb ist der ehemals kompetente Chef mit langjähriger Berufserfahrung eine Belastung geworden. Als Susanne ihn etwas fragt, ist er mit der Situation sichtlich überfordert. Er rastet förmlich aus und schreit seine Partnerin nieder, während zwei Mitarbeiter im Raum sind. Diese schauen peinlich berührt zu Boden und hoffen, dass der ungewohnte Ausbruch ein schnelles Ende findet. Bislang war ihr Chef jemand, der die Firma und vor allem sich selbst im Griff hat. Als Susanne mit den Angestellten alleine ist, meint sie, jetzt wüssten die beiden wie es ihr jeden Tag zu Hause ergehen würde. „Es ist etwas vollkommen anderes, ob man etwas erzählt bekommt oder es hautnah miterlebt.“

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